Bist du entwurzelt und suchst eine neue Heimat?
Jonvar stand ähnlich paralysiert da wie Veikko, das Geschehen am Tor wie durch einen unsichtbaren Nebel aufnehmend. Nur daß seine Augen dabei abwechselnd ziellos von Lutmar zu Greta wanderten, während sein Denken in dem Lärm und dem hastigen Hin und Her beinahe ausgeschaltet war. Aber nur beinahe - nachdem er ein paarmal den Blick hatte schweifen lassen, wurde ihm nun wieder klar, daß dies hier das Dorf war, wo sein Bruder sich aufhalten sollte. Oder eigentlich -
aufhielt. Beim Beobachten des Dorfes aus der Ferne zumindest, hatte er ein oder zweimal eine Gestalt am Tor gesehen, die ihn zumindest an seinen Bruder erinnert hatte, soweit man das auf die Entfernung beurteilen konnte.
Und dies vor den anderen so aussehen zu lassen, als wäre er sich dessen völlig sicher, war nicht sonderlich schwer gewesen. Er hatte es sich einfach selbst eingeredet - immerhin hatten ihm das Widars Torwachen so spöttisch mitgegeben, als sie Greta und ihn abgewiesen hatten, kaum, daß Thorbrandts Name gefallen war!
Aber wußte er wirklich, ob Thorbrandt hier war? Was, wenn die Götter, die ihn verlassen hatten, nur mit seiner Hoffnung spielten und Dagny einen anderen Thorbrandt gemeint hatte?
Wieder drang ein Stöhnen von Lutmar zu ihm vor - und lenkte seine flirrenden Gedanken ab, die wie ein Blatt im Sturm bei jedem neuen Windstoß ins Trudeln gerieten und zefetzt wurden.
Lutmar, Bienchen, ich wollte das nicht! Gilda ... bitte-bitte beschütz die beiden! Er wußte noch nicht einmal mehr, zu wem oder was er beten sollte! Hilflos, ohne ein Wort zu sagen, sah er zu, wie Greta weinend und verängstigt, ziellos in dem Chaos von einem zum anderen gereicht wurde. Erst die Torwache mit der Axt, dann zu Dagny, dann zu der fremdartigen Heilerin, die dann auch gleich dem Typen mit der Axt das Kommando abnahm ... zwischendurch wurde Veleda von zwei Jungs heran geführt und gleich wieder weggeführt -
Und selbst der Torwachentyp sah zunehmend blasser aus, als er schließlich bei Lutmar mit anpackte. Es mußte wirklich übel um ihn stehen!
Götter, bitte verlaßt ihn nicht, er ist ein guter Junge! Bitte nehmt ihn nach Valhalla, wenn es sein muß -
Er wußte selbst nicht, was er noch für ihn hoffen sollte. Oder für seine eigene Tochter ... Wenn Thorbrandt doch nicht hier war - wenn er damals vielleicht nur hier durchgereist war -
Würde man sie zur Magd machen? Zur Sklavin? Sie doch weiterverkaufen; an die Römer womöglich?
Oder bist du eine der größten Klatschbasen des Dorfes?
Jetzt betraten Alarich und Swana den Thingplatz und Furhild duckte sich ein wenig mehr hinter die Büsche, damit sie auf keinen Fall gesehen werden konnte. Der Rich sah in seinem Fellumhang wirklich beeindruckend aus, aber wenn man die Hintergründe kannte, konnte er nicht mehr eine Marionette Swanas und vielleicht sogar Maíghreads sein, wer wusste schon, was
die! in ihre Kräutertränke mischte, um sich die Menschen hier gefügig zu machen. Vermutlich planten die Beiden die Macht im Dorf zu übernehmen und wenn sie damit Erfolg hatten, dann kam die Gaue dran und schließlich das ganze Gebiet der Marser!
Armer Alarich! Auch wenn die ältere Frau nicht gutheissen konnte, was Swana getan hatte,
soetwas hatte der Rich nun wirklich nicht verdient!
Und wie die kleine Gespielin des Richs sich herausgeputzt hatte, als sie neben ihm herging und sich dann, ganz devot, ein paar Schritte hinter ihn stellte.
Furhild lauschte gespannt, was Alarich und auch Bernward zu berichten hatten. Und was war daran jetzt so ungewöhnlich, dass die Wala eine Vision hatte und keiner daraus schlau wurde? Nur, dass dieser Bengel Lucan anscheinend die gleiche Vision gehabt hatte, wenn das denn überhaupt stimmte. Das hatte der Junge sicher nur erfunden, um sich in den Mittelpunkt zu spielen! Der arme kleine Grimoald, dem blieb aber auch nichts erspart!
Hat dich dein Glaube stärker werden lassen und wurdest du von Tanfana dafür belohnt?
"Ich habe, um zu verhindern, dass der Rich mir am Ende aus Rache alle Kinder nimmt, das Dorf mitsamt der Kinder mitten in der Nacht verlassen... Vernünftig war das für eine Frau und sechs Kinder, der Älteste damals noch nicht ganz elf, bestimmt nicht. Aber ich habe zu Tanfana gesagt, wenn sie nur ihre schützende Hand über meine Kinder halten würde, wäre mir mein eigenes Schicksal gleichgültig... Ja, ich wäre bereit gewesen, die Händler, die uns mitnahmen, notfalls mit ... dem Einzigen, was ich noch gehabt hätte, zu bezahlen..." Wovon sie nun sprach, ohne es wirklich auszusprechen, konnte sich Ragnar mit Sicherheit denken. Bertrada sah Ragnar fest an. Sie schämte sich nicht dafür, dass sie mit ihrer Ehre bezahlt hätte, wenn es die Kinder gerettet hätte. Das war das, was Eltern taten, wenn es sein musste. Einer ihrer Mundwinkel zuckte in einem halben Lächeln nach oben.
"Ganz am äußersten Rand der Gaue sind wir gestrandet. Wir fanden keine Händler, die uns mitnehmen wollten, das Dorf, das uns Gastrecht gewährt hatte, legte mir nahe, dass wir langsam eine Belastung würden und ich war so lange aus Alarichs Dorf fortgewesen und die Reise durch die vielen Händler so wirr, dass ich mir nicht sicher war, ob wir das Dorf allein finden konnten. Trotzdem war ich bereit, am nächsten Tag auf eigene Faust aufzubrechen. Und dann hat uns Tanfana im wahrsten Sinne des Wortes eine Botin geschickt... Thyra war auf der Rückreise ins Dorf und man erzählte ihr von uns. Und Thyra hat mir sofort angeboten, mit ihr zu reisen." Weitere Details erzählte Bertrada nicht. Aber die Mischung aus Liebe, Schmerz und Verständnis, die bei ihrer Erzählung in ihrem Blick lag, erzählte eine eigene Geschichte. Hier saßen zwei Menschen beisammen, die beide auf unterschiedliche Weise erfahren hatten, wie weit man als Eltern ging, wenn das Leben es einem abverlangte, aber auch, wie machtlos man sein konnte, wenn sich das Leben in eine Sackgasse manövrierte.
Zweifelst du an deiner Bestimmung oder hast du dich bereits entschieden?
„Ich hab doch fast alles was ich will.“, sagte er leise.
„Ich hab keine Träume, die ich träumen könnte. Ich hab eine tolle Frau, die ich über alles liebe und für die ich durch jedes Feuer gehen würde. Scheiße verdammte, ich würde für Ida aus dem Kolosseum in Rom nach Hause laufen, wenn ich müsste. Dass ich mich ständig mit ihr streite liegt an der Gesamtsituation, auch sie spürt den Druck, der auf uns liegt. Ich wollte eigentlich gar keine Kinder. Ich kann Nanna nicht mal ansehen, ohne dass ich Panik bekomme ihr könnte es wie Frija gehen. Deswegen hab ich mit Ida auch nie darüber gesprochen. Du, nein Lykka!, hat vorhin das wieder geweckt, was nach Frijas Tod verloren gegangen ist...“ Er biss sich auf die Lippen um nicht gleich wieder in Tränen auszubrechen.
„Ich hab vorhin mit Lykka das erste Mal seit Frijas Tod wieder ein kleines Leben auf dem Arm gehabt. Es gibt nichts besseres als diese riesigen Augen eines Kindes, in denen so viel Leben, so viel Faszination und Neugier steckt.“, sagte er und wieder tropften Tränen, dieses Mal aber nicht aus Verzweiflung, sondern weil er sich freute. Weil er dafür brannte, weil er die Liebe des Kindes in sich spürte, weil er… Sie war Zündstoff für seine innere Flamme. Er wischte sich über die Augen.
„Aber ich weiß nicht, wie ich mit Ida darüber sprechen soll.“, sagte er freundlich.
„Sie ist so jung, sie ist ein absoluter Wildfang, ich weiß, wie es ist zuhause eingesperrt zu sein. Ich will sie nicht einsperren, aber ich bin auch bereit im schlimmsten Fall das Kind zu übernehmen und ihr die Jagd zu überlassen.“, sagte er und wusste ganz genau, was für ein riesiges Angebot er Ida da, auch ohne ihr Wissen und Beisein unterbreitete. Er konnte auch warten. Er brauchte nicht nächsten Sommer zwei Kinder auf dem Arm, er wollte sich nur die Option offen halten, auch wenn er nicht wusste, wie seine Frau ansprechen.
Bist du bereit, für deine Liebe dein altes Leben zu opfern?
Überrascht drehte sie sich zu Jandrik um, als er ihr, zumindest für sie, urplötzlich sagte, dass er Kinder wolle. Eigentlich sollte das keine Überraschung sein, denn das war ja der Zweck einer Ehe, auch Kinder zu bekommen, trotzdem traf es sie aus heiterem Himmel.
"Was ... ?", kam es vollkommen perplex, aber sie ließ sich, wenn auch ein wenig verwirrt, in die Umarmung ziehen. Die Frage nach Kindern war etwas, das sie sich so noch nicht gestellt hatte und das rothaarige Mädchen wusste im ersten Augenblick auch nicht, was sie sagen sollte. Das musste sie aber auch gar nicht, denn Jandrik sprach auch schon weiter. Es war beinahe, als habe er ihre Gedanken gelesen, denn eigentlich war ihr größtes und stärkstes Argument gegen Kinder, das ewige Eingesperrtsein im Haus. Sie hatte im Winter gesehen, was das aus ihr machte ...
Ihr Augen wurden feucht vor Rührung und Ida drehte sich ein wenig in Jandriks Umarmung und sah ihn an,
"Ssscchh.....", machte sie leise und legte Jandrik einen Finger auf die Lippen ... sie räusperte sich, um diesen leichten Kloss im Hals loszuwerden,
"....ich.... ich weiß es nicht....", gab Ida zu,
".... aber wenn... dann sowieso nur mit dir ...." Diese Erkenntnis kam so tief aus ihrem Innern, dass sie die junge Frau selbst überraschte.
Wurde dir deine Liebe genommen?
Erst nach Momenten fand Thorbrandt seine Stimme wieder:
"Es wird wieder, es kommt wieder in Ordnung, Du musst hier nicht ... nicht ..." Weiter kam der Hüne nicht, denn die wirbelnden Gedanken des Zimmermanns ließen ihn nicht mehr die richtigen Worte finden.
Fast hilfesuchend blickte der große Mann über die gebeugte Schulter seines Bruders zu den Menschen hin, die diese Szene verfolgten.
Was war hier nur geschehen? - Was bedeutete dies alles? - Und wie bei allen Göttern war Jonvar hierher gelangt ... warum?
Etwas Schlimmes musste mit Gilda passiert sein. In Arbogasts Dorf sicher! Der Ort den er früher so geliebt hatte, in dem er so glücklich gewesen war - bis ...
Thorbrandts Augen verfinsterten sich bei den Gedanken und Erinnerungen an Goswin, den Sohn des Richs, dessen Verfehlung Frijas Mutter hatte büßen müssen ...
Oder bist du im Einklang mit dem Schicksal, das die Nornen dir zugedacht haben?
„Mir ist egal, was für ein Geheimnis sie umgibt, Swana. Ich bin zu alt um mich wegen solcher Kleinigkeiten noch aufzuregen. Und glaub mir… Ich hab in den letzten 10 Sommern mehr gesehen, als die meisten es in ihrem Leben je tun.“, sagte er freundlich und lächelte sie an. Zudem war Nordgermanien einfach… liberaler. Dass sich eine Frau verteidigen konnte, war nicht ungewöhnlich, ihre Waffen unterschieden sich, ihre Ernährung, ihr Können, ihre Traditionen. Warum also sollte er es sich als Besucher erlauben über dieses Germanendorf zu urteilen, solange er noch nicht jeden Aspekt des Dorfes kannte?
„Swana, ich bin ein Besucher. Nur weil ich ein Gode bin und in einen Menschen sehen kann, heißt das nicht, dass ich mit ein Urteil erlaube über Dinge, die hier vielleicht anders sind, als in meiner Heimat. Ich hab die Erfahrung gemacht, dass es sinnvoller ist, sich erst alle Aspekte anzusehen und dann zu urteilen. Beispielsweise bedeutet die Tatsache, dass ich, bei den Angelsachsen, keine Waffe tragen darf, nicht, dass ich mich nicht verteidigen darf. Es heißt genauso wenig, dass ich nicht damit umgehen kann.“, erklärte er der jungen Frau.
„Die Welt besteht nicht aus schwarz und weiß, manchmal verwischen sich die Grenzen und ob es nun Mord oder Notwehr war kommt auf die Perspektive an.“, sagte er freundlich und lächelte sie an.
Eckdaten:
Wir schreiben das Jahr 16 n. Chr. Ein Jahr nachdem Alarichs Dorf vor Germanicus und seinen Legionen floh, brachte ein letztes Bündnis der Germanen im letzten Herbst die Marser dazu, in der Schlacht an den Pontes Longi an der Seite der Brukterer und weiterer Stämme das heimische Land vor den Römern zu verteidigen. Eine Schlacht, die zwar als siegreich unvergessen blieb, doch deren Hauptziel, möglichst unblutig vonstatten zu gehen, von den führenden Kriegsrichs verraten wurde.
Dennoch war es gelungen, die vorstoßenden Truppen des Germanicus über den großen Fluß hinweg zu vertreiben. Nun, im zweiten Jahr nach dem Massaker wie einem harten Winter, steht den Marsern eine weitere Herausforderung bevor. Schneeschmelzen und Unwetter überfluten das Land, und trotz Vertrauen in Tanfana und göttlicher Warnungen, die die Weisen des Dorfes erreicht haben, droht die diesjährige Ernte vernichtet zu werden.
Das Schicksal der Marser ist ungewiss. Trotz der Erfüllung des prophezeiten Beistands, eines reisenden Goden, nimmt die Prüfung der Götter unseres tapferen Volkes erst ihren Anfang. Hoffnung und Beharrlichkeit eines jeden Einzelnen sind gefragt und stellen den Zusammenhalt innerhalb und außerhalb der Dorfgrenzen auf die Probe. Ein Raubzug gegen die Nachbarstämme ist unvermeidlich, um das Überleben in der Heimat zu sichern.
Tauche ein in unsere Welt! Werde ein Teil von ihr und erzähl uns DEINE Geschichte! Bei den alten Germanen!
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» Wir spielen im Jahre 16 n. Chr.
» Die Marser haben vor sechs Jahren an der Varusschlacht teilgenommen und in deren weiteren Verlauf einen der Legionsadler der Römer erbeutet.
» Gaius Iulius Caesar Germanicus ist Statthalter in Germanien und führte im Herbst 14. n. Chr. einen Feldzug gegen die Marser, mit dem Ziel den Stamm komplett auszurotten.
» Die Schlacht an den Pontes Longi fand im Herbst 15. n. Chr. statt.
» Es werden vorwiegend Marser gespielt (Andere auf Anfrage)
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