Die gesellschaftliche Stellung der Frau
Kindheit der germanischen Mädchen
Die Mädchen wuchsen auf dem elterlichen Hof auf, zusammen mit den Kindern der Sklaven, da wurde kein Unterschied gemacht. Sie spielten mit Puppen, Puppentöpfen, Puppentellern, Rasseln, Klappern usw. Bald wurden sie mit Handreichungen und Arbeiten beschäftigt, wie sie eben auf einem Bauernhof anfielen.
Die Frauen und Mädchen fertigten Schuhe aus Rinderhäuten, webten Kleider, Decken und Wäsche, formten das Tongeschirr, sorgten für die Vorratshaltung, bereiteten den Met, kochten und buken und brauten Bier. An den Gelagen allerdings durften sie nicht teilnehmen. Nur jungen Mädchen wurde es hin und wieder gestattet, den Recken die bis zum Rand gefüllten Trinkhörner zu reichen.
Im Sommer hüteten Jungen wie Mädchen das Vieh in den Auwäldern, im Winter verspannen die Mädchen den Flachs und die Schafwolle zu den dünnen Fäden, aus denen die Stoffe gewebt wurden. Dabei wurden Lieder gesungen, gegenseitig Gruselgeschichten erzählt, Märchen, Sagen, von den Heldentaten der Ahnen berichtet und über die Vorzüge und Nachteile der heiratsfähigen Männer gesprochen.
Da die Kinder zusammen mit den Erwachsenen auf der großen Bank längs der Feuerstätte schliefen und durch keine Wand von ihnen getrennt waren, gab es vermutlich kaum sexuelle Probleme. Die Mädchen badeten auch zusammen mit den jungen Männern in den Flüssen und machten laut Cäsar aus den Verschiedenheiten des Geschlechts kein Geheimnis.
Heirat bei den Germanen
Junge Leute verliebten sich ineinander wie zu allen Zeiten. Doch dies hatte keinen Einfluß auf die Wahl des Partners, manchmal hatten sich die zukünftigen Eheleute vorher noch nicht einmal gesehen. Die Eltern / Die Sippe bestimmten, wer wen heiratete. Dies galt sowohl für Frauen wie für Männer. Allerdings hatten die jungen Frauen /Männer auch ein Widerspruchsrecht gegen den von den Eltern / Sippe ausgewählten Partner. Und in Verträgen wurde genau festgelegt, wie hoch der Brautpreis war. Die Zahlung erfolgte in Form von Kühen. Im Laufe der Zeit erhielt die „Kaufsumme“ den Charakter eines Geschenkes und konnte aus Rindern, Pferden Waffen oder Hausrat bestehen. Oft wurde ein Teil dieses Geschenkes dem jungen Paar mitgegeben zusammen mit der Aussteuer der Braut.
Brautraub
Es war auch möglich, die Braut zu entführen und sie so in die Ehe zu führen, wenn es auf andere Weise nicht möglich war. Doch damit wurden alle Brücken zur Familie abgebrochen, weswegen diese Art der Eheschließung selten gewesen sein dürfte.
Ausserdem brachte diese Art der 'Heirat' nicht nur die Konsequenz mit sich, dass eben alle Verbindungen zur Familie abgerochen wurde, sondern es konnte auch blutige Fehden zwischen einzelnen Familien, Dörfern oder gar ganzen Gauen nach sich ziehen.
Angemessenes Verhalten außerhalb der Ehe
Liebe zwischen alten wie jungen Leuten wurde in der Germanischen Gesellschaft nicht öffentlich ausgelebt, es sei denn, man war bereits verheiratet. Dies gilt ebenso für Umarmungen und Küsse in der Öffentlichkeit, welche die Ehre in Frage stellen konnten und allgemein verpöhnt waren. Zwischen verheirateten Paaren waren solche Zeichen der Zuneigung hingegen geduldet.
Auch unter Verlobten wurde erwartet, daß sie mit Sex und körperlicher Nähe bis zur Hochzeitsnacht warteten. Innerhalb der Hütten wurde keinerlei Geheimnis aus der Sexualität gemacht. Dass Erwachsene auf diese Weise das Lager miteinander teilten, zählte auch für die im Wohnbereich schlafenden Kinder zur Normalität.
Geburt / frühe Kindheit bei den Germanen
Die germanische Frau war praktisch durchgehend schwanger, solange sie fruchtbar war. Nach Schätzungen ereilte jede dritte germanische Mutter irgendwann der Tod im Kindbett. Empfängnisverhütung war verpönt, aber wohl bekannt. Ebenso bekannt, aber verpönt waren Praktiken, Fehlgeburten auf künstlichem Wege herbeizuführen.
Es kann davon ausgegangen werden, daß von drei Neugeborenen eines schon als Säugling starb, ein zweites als Kind und nur jedes dritte die Chance hatte, zum Erwachsenen heranzuwachsen und eine eigene Familie zu gründen. Kinder, die unerwünscht waren, wurden ausgesetzt. Ob ein Kind erwünscht war oder nicht, entschied der Vater. Das traf nicht nur missgebildete oder schwache Kinder, sondern vor allem auch die neugeborenen Mädchen, wenn schon ein Mädchen in der Familie vorhanden war oder die Frau nur Mädchen und nicht die erwarteten Jungen geboren hatte.
Neugeborene Kinder wurden vor dem Vater auf den Boden gelegt. Erst wenn er das Kind vom Boden aufgenommen hatte, war es vor einer Aussetzung sicher. Aufhebung war gleichbedeutend mit Anerkennung. Bei manchen Stämmen trat dieser Zeitpunkt erst ein nach Empfang der ersten Nahrung.
Mit der Namensgebung flößte der Vater dem Kinde sozusagen die Seele ein, von diesem Zeitpunkt an war es ein Mitglied der Familie. Was an Kraft, Mut, Begeisterung, Wehrhaftigkeit und Glück in dem Namen steckte, das sollte in das neue Wesen eingehen.
Die Stellung der Frau bei den Germanen
Frauen besaßen weder Sitz noch Stimme im Thing, der Volksversammlung, sie durften sich den Ehepartner nicht selbst wählen, sie waren nicht erbberechtigt, sie mussten sich dem Spruch des Mannes beugen, ob die von ihr geborenen Kinder aufgezogen oder ausgesetzt wurden. Die Frau konnte durch einen einseitigen Willensakt ihres Mannes verstoßen werden. Als Grund genügte eine „schimpfliche Verfehlung“, dessen Definierung dem Mann überlassen war. Ließ sie sich mit einem anderen Mann ein, wurde sie automatisch ehrlos. Der Mann dagegen durfte sich außerehelich sexuell betätigen.
Auch wenn dies das geltende Recht war, so waren die germanischen Frauen kaum so unterdrückt, wie es bei dieser Aufzählung erscheint. Tatsächlich waren die germanischen Frauen geachtet, selbständig und sogar eigenmächtig. Sie war die Herrin über das Haus, den Hof und das Gesinde (Mägde und Sklaven) und hatte hier das Sagen. Der Mann vertrat sie in den öffentlichen Dingen des Lebens, dort hatte sie kein Mitspracherecht.
Quelle:
Fischer-Fabian, S.: Die Ersten Deutschen – Über das rätselhafte Volk der Germanen; Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, Bergisch-Gladbach, 2003